Fragt einer: „Stimmt das Konzept überhaupt? Gibt es Beobachtungen ohne Bewertung? Selbst der Vergleich mit der Kamera hinkt, schließlich hat der Mensch am Sucher durch seine Motivwahl eine Entscheidung, eine Wertung getroffen.“
Nein, es gibt keine Beobachtungen ohne Bewertungen.
Da kommt so ein unsortierter Strom von Reizen von den Sinnesorganen. Das Unterscheiden von Gesichtern und Kürbissen ist Ergebnis eines Prozesses, dass den Reizen Bedeutung zuordnet. Dieser Prozess ist in einem sehr allgemeinen Sinn nichts anderes als Bewerten. Und dieser Prozess ist sowas von fehleranfällig: Auf der untersten Ebene kann ich mich durch optische Täuschungen bzw. Wahrnehmungsfehler foppen lassen. Ich kann Bewegungen oder ganze Situationen falsch deuten. Und ich kann zu guter Letzt auch noch ein moralisches Urteil fällen oder das was ich sehe in Schubfächer packen.
Die Anfangsübungen der GfK sind nicht so radikal. Dort wird zwischen „Karl-Ronny ist aggressiv.“ und „Karl-Ronny hat mir einen Zahn ausgeschlagen“ unterschieden. Oder vielleicht auch zwischen „Sie haben mir das falsche Essen gebracht.“ und „Ich hatte Steak bestellt, das hier ist Spiegelei.“ Das eine wird Bewertung genannt, das andere Beobachtung.
Lasse ich mich auf die radikale Sichtweise ein, dass es keine Beobachtungen ohne Bewertungen gibt, dass alles, was mir durch die Rübe rauscht bewertungsbehaftet ist – dann kann diese Sichtweise mich in Richtung der Haltung der Gewaltfreien Kommunikation tragen. Radikaler Respekt dem Anderen gegenüber, weil die Wirklichkeit in meinem Kopf nur ein Konstrukt ist.
Manche nennen das ständige Gewahrsein dieser Erkenntnis Achtsamkeit.
ich bin froh, dass die sache mit der kamera nochmal auf den tisch kommt. von wem auch immer das zitat ist, ich stimme dem unbedingt zu (wollte es am donnerstag nur nicht laut sagen). denn jeder krimi basiert auf einer bewussten motivwahl und dem weglassen oder zeigen von ereignissen. je nachdem, wer bzw. aus welcher perspektive der krimi erzählt wird, bleibt ja ein kommissar im dunkeln…. deshalb gucken wir krimis. wir wollen sehen, wie der kommissar die beobachteten indizien bewertet und sich daraus am ende einen reim macht….. und sich damit der wahrheit annähert und diese am ende findet.
in einem mordfall gibt es die. aber ansonsten bin ich gerade an meine DHM-seminare erinnert: es gibt keine absolute wahrheit, nur relative.
ich habe in den letzten 3 seminaren (und vor allem im Alltag) festgestellt, dass ich alle meine beobachtungen bewerte. ich glaube, ich kann und will das gar nicht abstellen, weil es für mich ein bisschen lebenshilfe darstellt. aber schaffe es, als meine/relative wahrheit zu begreifen und dem anderen frei nach watzlawick eher auf dem Selbstoffenbarungsohr zuzuhören.
lg c